The Magic Portal (Filmanalyse)

Dieser 1985 – 1989 vom australischen Studenten Lindsay Fleay produzierte Film gilt als einer der ersten Brickfilme.

Für meine Bachelorarbeit mit dem Titel Charakteranimation mit den Limitierungen der analogen Animation von LEGO-Figuren analysierte ich diesen Stop Motion Film. Hier findest du eine leicht abgewandelte Version dieser Filmanalyse.

Filmanalyse

Trotz seines Alters zeigt der Film interessante Ansätze der Animation von klassischen LEGO-Minifiguren.

. . . it’s gone pretty much everywhere—moving cameras, replace- ment mouths, blob monsters depicted with sequential brick swap- ping, color-swapping as special effect, flat-surface walking anima- tion mixed with live action.

Tony Mines, Animator

In vielerlei Hinsicht leistete der Film somit Pionierarbeit und half, LEGO als Medium für Stop-Motion-Animationen zu etablieren. Fleay startete mit die- sem Projekt seine Karriere im Bereich der Animation, um später an Filmen wie The Matrix und Lord of the Rings mitzuarbeiten. Aber auch The Magic Portal gelangte zu einiger Berühmtheit und wurde sogar im 2014 erschie- nenen The LEGO Movie referenziert, indem ein zentrales Storyelement nach ihm benannt und von ihm inspiriert wurde.

Der Kurzfilm erzählt die Geschichte einer kleinen LEGO-Figur namens El, die sich auf einem Raumschiff befindet. El entdeckt ein mysteriöses Portal, das ihn in eine andere Welt führt – doch auf der anderen Seite warten Gefahren und Monster, die ihn verfolgen und durch das Portal zurück auf das Raumschiff gelangen. Im weiteren Verlauf verbindet des Portal nicht nur diese zwei Welten, es durchbricht auch die vierte Wand, als ein Monster dadurch in die reale Welt entkommt und den Animator attackiert. Dafür wird für etwa fünf Sekunden echtes Filmmaterial gezeigt, in dem der Animator Lindsay Fleay über das Set gebeugt zu sehen ist. Am Ende des Films entkommen auch die Hauptcharaktere in die reale Welt und bekommen Fleay zu sehen.

In diesem Film werden klassische LEGO Minifiguren verwendet. Einfache Animationen wie etwa die Gehbewegung lassen sich damit schnell und realistisch animieren. Durch die Gelenke an den Armen und Beinen kann die Pose der Figur relativ einfach angepasst werden, und die Noppen der LEGO-Bodenplatte geben der Figur den notwendigen Halt und sorgen für eine gleichmäßige Schrittlänge. In acht Frames macht die Figur zwei Schritte nach vorne und bewegt sich damit zwei Noppen weiter. Diese Bewegungsabfolge kann vielfältig eingesetzt werden und die Art des Ganges lässt sich durch subtile Änderungen wie etwa der Neigung des Oberkörpers oder der Bewegungen der Arme variieren und an den Charakter anpassen.

Die Animation einer laufenden Figur ist eine Variation der Gehbewegung. Durch die weiter ausholenden Schritte überspringt die Figur jedoch bei jedem Schritt zwei Noppen der Bodenplatte und befindet sich immer jeweils für zwei Frames in der Schwebe zwischen den Noppen. Um die Bewegung noch schneller zu machen, wird die Animation der Laufbewegung mit 24 Bildern pro Sekunde abgespielt. Einige andere Teile des Films sind mit 12fps animiert, wobei die Bilder dann jeweils für zwei Frames gezeigt werden, um auf eine einheitliche Framerate zu kommen. Dies wird vor allem bei Bewegungen eingesetzt, die aufgrund der Größe der LEGO-Blöcke nicht detaillierter animiert werden könnten, oder um etwa bei langen Gehbewegungen Zeit zu sparen.

Durch die limitierten Bewegungsmöglichkeiten der Minifiguren ist es schwer, Gefühle und Emotionen klar mit dem Körper darzustellen. Einen großen Beitrag zur Vermittlung der Story leistet deshalb die Gesichtsanimation. Fleay macht sich hier die auch aus der traditionellen Puppenanimation bekannte Technik der Replacement Faces zunutze. Auf leere LEGO-Köpfe zeichnete er verschiedene Augen und Mundformen, die unterschiedliche Emotionen sowie Laute für die Dialoge darstellen. Da der Kopf einer LEGO-Figur leicht abzunehmen ist, können die Charaktere nun mit der für den jeweiligen Frame passenden Mimik ausgestattet werden.

Hier ist eine Auswahl der Köpfe des Hauptcharakters zu sehen, etwa die übertrieben dargestellten Ausdrücke für die Emotionen erstauntratlos und verärgert. Ein Großteil der Dialoge im Film besteht aus unverständlichen Geräuschen, aber gemeinsam mit der dazu passenden Gesichtsanimation und im Zusammenhang mit der Story ist der Inhalt der Gespräche nachvollziehbar.

Neben den LEGO-Minifiguren werden Charaktere auch mit anderen Mitteln dargestellt. Dadurch wird die für die Minifigur-Charaktere normale Welt von den mystischen Welten auf der anderen Seite des Portals getrennt, die von Wesen aus einzelnen LEGO-Blöcken, Knetmasse oder echten Menschen bewohnt werden. Etwa werden aus einzelnen Blöcken verschiedener Höhe und Schräge auf dem Boden dahingleitende Wesen animiert. Die hier eingesetzte Animation könnte als das LEGO-Äquivalent zu Disneys Squash&Stretchbezeichnet werden. Während ihrer Bewegung wechseln die Wesen zwischen den Zuständen „hoch und kurz“ und „flach und länglich“. Durch den Einsatz von Zwischenframes mit abgeschrägten Teilen entsteht der Eindruck einer fließenden Bewegung, in der sich die Masse der Wesen nach vorne bewegt und auf dem Boden ausbreitet.

Eine weitere Besonderheit in The Magic Portal ist der häufige Einsatz von Kamerabewegungen als zentrales Storyelement. Mit der damaligen Technik – ohne Motion-Control und mit einer unhandlichen 16mm Bolex Filmkamera – waren diese Kamerafahrten nicht einfach umzusetzen. Mit einigen abrupten Bewegungen sind sie auch nicht perfekt, aber sie wurden überlegt eingesetzt und helfen dabei, die Handlung zu erzählen. Etwa als die Kamera um das magische Portal kreist, während der Hauptcharakter ebenfalls darum herumgeht. Die Zuschauer erfahren so im gleichen Moment wie El, dass das Portal auf einer Seite ein leerer Torbogen ist, sich auf der gegenüberliegenden Seite aber eine mysteriöse Tür befindet. Ohne Kamerabewegung und stattdessen mit einem Gegenshot gezeigt wäre diese Enthüllung nicht so eindrucksvoll und eher verwirrend für die Zuschauer.

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